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Hinterfotzing

Jakobsweg

Kirchenlose Religion

Die Kirchen leer, der Jakobsweg voll. "Ich bin dann mal weg!" ... aus der Kirche. Es ist schon erstaunlich, dass eine immer größere Schar Glaubender auf dem Jakobsweg das sucht, was die Kirchen nicht (mehr) bieten. Möglicherweise hat Kerkeling dem Jakobsweg den Hype beschert, den Messner den Bergen verpasste, aber das Phänomen ist schon faszinierend. Tausende verzichten auf jeglichen gewohnten Luxus und nehmen den beschwerlichen Weg nach Santiago de Compostela (zu deutsch: Grab des Sankt Jakob) auf sich, um Spiritualität zu erfahren, oder sich selbst mal kennen zu lernen. Also das, was bleibt, wenn alles Berufliche und Pseudowichtige von einem abfällt. 
Die Kirchen jedenfalls sind ratlos und ringen um Erklärungen, ziehen sich dabei immer weiter in ein zunehmend vorkonziliares Schneckenhaus zurück und bejammern den Untergang. Ja, wer will denn heute schon Atomphysik studieren, wenn keine Kernkraftwerke mehr gebaut werden? Wer will einen Beruf erlernen, der sich dem Jetzt verweigert? Und die wenigen, die es trotzdem tun, passen so wenig in die Zeit, wie die Kirche selbst. Vielleicht ist es das Tempo, mit dem sich alles ändert. Ein Tempo, das schon viel Mut verlangt und Aufgeschlossenheit. Wer sich dem Computer verweigert, der verweigert sich zunehmend der Gesellschaft und ist von Vereinsamung bedroht. Die Kirche verweigert sich so ziemlich allem und vertraut auf ihre 2000-jährige Geschichte und dass man diesen Boom am besten aussitzt. 

Das hat sich früher als probates Mittel erwiesen, aber ob das heute noch gilt, darf mehr als bezweifelt werden. Nur noch dort, wo die Zukunft noch nicht angekommen ist, hat die Kirche weiterhin ein treues Feld. Aber ist es das Ziel der Menschheit, einen Großteil von den enormen Errungenschaften auszuschließen? Wäre es nicht vielmehr das humanistische Oberziel, allen Menschen möglichst gute Lebensbedingungen zu bieten? Oder würde das unseren Luxus bedrohen, unser Oberschichtdasein? Die Kirche wäre in der Lage, eine verbindliche Antwort auf diese Frage zu geben. Papst Franz jedenfalls tut es, aber die Kirche will nicht auf ihn hören. So lauschen die Protestanten dem katholischen Oberhaupt aufmerksamer zu, als die katholischen Bischöfe. Aber wenn die Kirche nicht mal mehr dem Papst gehorcht ...? Wenn sie die von Papst Franz geforderte Barmherzigkeit weg von den Armen auf die Gottesbeziehung ummünzt, Pforten der Barmherzigkeit mit abstrusen Ablasspraktiken erfindet und die Augen vor dem verschließt, wo Barmherzigkeit wirklich gefordert ist, wie weit ist diese Kirche von dem entfernt, was die Jakobspilger suchen? Und wie lange noch leistet sie sich den Luxus, sich der Realität zu verweigern?