Atomisiert
Peppi und Gustl
Du Gustl, ich war mit dem Radl am Neckar entlanggestrampelt und auf einmal steht da ein dampfender Kessel vor mir, ganz neu, wie es ausschaut und weil ich nicht wusste, was das ist, habe ich mich erkundigt. Jetzt ist das ein Atomkraftwerk mit einem ganz niedrigen Kühlturm und da raucht es heraus, wie aus einem Hexenkessel. Mei Peppi, die Atomkraft, die ist unverzichtbar, das hat die CSU immer schon gesagt und wenn sie es jetzt nicht mehr sagt, bloß wegen diesem Fukushima, dann doch nur, dass die Leute beruhigt sind, weil Fukushima hat uns nicht so getroffen, wie Tschernobyl und da haben sie damals nur die Grenzwerte erhöht, damit wir unseren Salat wieder essen können. Aber bei einer Wildsau musst du schon noch aufpassen und auch bei Schwammerl. Aber Gustl, das ist doch ein Schmarrn, was du da sagst. Für was soll denn das gut sein, wenn man Grenzwerte erhöht, das macht es doch nicht weniger gefährlich. Freilich macht es das nicht weniger gefährlich, aber wenn der Deutsche einen Grenzwert bekommt, dann glaubt er an den und wenn du einen Wert halt einfach nicht mehr einhalten kannst, dann brauchst du einen höheren, den du einhalten kannst. So einfach ist das, mein lieber Peppi. Du, Gustl, wenn das aber mit dem Atom so gefährlich ist, warum meint dann unser Bürgermeister, dass der Ausstieg übereilt war? Schau Peppi, das ist doch ganz einfach, wenn du über Jahre hinweg von deiner Partei erklärt bekommst, dass es ohne Atomenergie nicht geht, dann stehst du schon saudumm da, wenn es auf einmal doch geht. Da muss sich ja so ein Dorfbürgermeister ganz schön verarscht vorkommen. Aber vermutlich haben die Energiekonzerne das den Parteibonzen mit schönen Geschenken lange Zeit eingetrichtert, die haben die Doktrin weitergegeben. Und wenn jetzt wieder das Atomgespenst umgeht, dann geht es um Profit und sonst nichts. Wenn sich nämlich die Konzerne von der Endlagerung freikaufen können, dann ist jedes zusätzliche Atomstromjahr Konzerngewinn pur. Und siehst du Peppi, das hat dein Bürgermeister nicht kapiert, der glaubt immer noch an die Wahrheit von gestern und erkennt nicht, dass sie der Irrtum von heute ist. Aber Gustl, du stellst ja meinen Bürgermeister als einen Deppen hin. Nein, Peppi, ein Depp ist er nicht, aber er sollte langsam erkennen, dass Selberdenken besser ist, als vorgedachtes nachzuplappern. Weißt du, all die Lobbyisten in Berlin und Brüssel, die haben nur Gewinnerzielung im Sinn, ob es nun für Mensch, Natur und Staat Sinn macht, spielt dabei keine Rolle. Dann sind ja die ganzen Lobbyisten überhaupt nicht gut für uns. Genau Peppi, das ist des Pudels Kern, denn die Lobbyisten vertreten die Interessen einer Minderheit und nicht die des Volkes. Vielleicht sind diese Lobbyisten das größte Risiko unserer Demokratie und unserer Umwelt. Und Peppi, man muss leider feststellen, dass die Lobbyisten sehr erfolgreich sind und Gesetze veranlassen, die für das Große und Ganze nicht gut sind. Aber leider gibt es zu wenig Bürger, die sich dagegen wehren, also bekommen die Lobbyisten und ihre Konzerne Recht. So einfach ist das. Aber sag mal Gustl, wenn die Konzerne die Erde kaputt machen, dann können sie doch auch selber nicht mehr darauf leben. Das stimmt, Peppi, da hast du absolut Recht, aber der Gewinn kennt kein langfristiges Denken, deshalb brauchen wir den Staat, der muss die Interessen der Konzerne auf Nachhaltigkeit trimmen. Aber Gustl, das tut er ja nicht. Ja Peppi, leider tut er das seit einigen Jahren nicht mehr. Mit der Agenda 2010 ist vieles an Nachhaltigkeit verloren gegangen und es wird schwer, das wieder ins Lot zu bringen. Aber letztlich darf man nichts, aber auch gar nichts für einen kurzfristigen Erfolg opfern, denn das läuft immer darauf hinaus, dass künftig eine saftige Zeche zu zahlen ist. Das Thema Atom ist dazu ein sehr treffender Beweis. Wie viel kostet die Endlagerung? Von der wir noch nicht einmal wissen, wie es gehen könnte und das Ganze für einige Zehntausend Jahre. Peppi, wenn du dafür eine Lösung findest, bekommst du den Nobelpreis unter Garantie.