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Hinterfotzing
Brennholz
Funkensprühend knistert ein Schubkarren Buchenscheite im Heizkessel, nur schade, dass man es nicht sieht. Das wäre mal ein Verbesserungsvorschlag für die Ofenbauer. Er ist ja wieder im Kommen, der Scheitholzkessel, während man vor - sagen wir mal - 25 Jahren als Ewiggestriger eingestuft wurde, wenn man sich für ein so archaisches Heizgerät entschied. "Die Arbeit tu ich mir nicht an und dann der Dreck", so musste man sich die Verurteilung als eigentlich stolzer Holzheizungsbesitzer anhören. Immerhin hat das Holz schon jede Menge Wärme gespendet, bevor es sich im Kessel selbst in Wärme verwandelt und das mit dem Dreck stimmt auch, will man Holzabfälle als Dreck bezeichnen. Dem erfahrenen Holzheizer leisten sie zum Anheizen wertvolle Dienste. Und der Blick auf ein volles Holzlager erfüllt mit wesentlich mehr Befriedigung, als der volle Öltank, dessen Gegenleistung nicht mit Muskelkraft, sondern mit einer Überweisung erbracht wird. Freilich, ein volles Konto, das kann durchaus auch viel Muskelkraft beanspruchen, je nachdem, welche Profession man gewählt hat.
Der Fortschritt ist unsere Devise. Fortschritt ist der Motor unseres Wirtschaftserfolgs. Erfindungsgeist, Innovation, das sind die wichtigsten Zutaten des Fortschritts. Und fortschrittlich sein, ist für uns sehr wichtig. Wer will Fortschritt verkaufen, wenn er selbst darauf verzichtet. Die Erkenntnis von heute ist der Irrtum von Morgen. Dabei war man vor sechzig Jahren froh, wenn zur Eis- und Schneezeit ein Holzofen die Stube heizte und gerne schleppte man die Schwinge mit kleinem Brennholz in die Stube, um das hungrige Ofenloch zu füttern. Sorgsam wurden die Holzvorräte verwendet und die Eisblumen an den Fenstern nahmen keinen Schaden. Bis dahin reichte der heiße Atem des Ofens nicht. Viel Holz zu brauchen, hieß viel mehr Holz machen zu müssen und das alles in Handarbeit. Fällen mit Langsäge und Axt, auf Meter zersägen mit der Langsäge, Spalten mit "Schoad" und Kloibhacke und war es dann daheim und von Wind und Sonne getrocknet, galt es die Meterscheite in ofenlange Stücke zu sägen und mit der Axt zu spalten. Während die letzten Arbeiten durchaus im Winter erledigt werden konnten, wo man Zeit dafür hatte, raubte das Brennholz in den anderen Jahreszeiten wertvolle Arbeitszeit.
Als das Heizöl den Weg in unsere Gegend fand, änderte sich alles. Es war billig und sehr einfach zu bedienen. Irgendwo schaffte man einen Platz für den 1000 Liter Tank, der mit einer Handpumpe ausgestattet war. Damit füllte man eine 10-Liter Kanne und das reichte für mindestens einen Tag. So ein Holzofen gab sich an strengen Frosttagen nicht mit einer Schwinge Holz zufrieden und die musste mühsam hereingeschleppt werden. Freilich, der Ölgeruch, an den musste man sich erst gewöhnen. Aber dem fortschrittlichen Menschen war auch dieser eine Gang zum Öltank bald lästig und er verlegte Ölleitungen, die den Brennstoff direkt zu den Öfen brachten. Denn da das Ölheizen so einfach war, heizten die Menschen auch mehr Räume als früher. Und der nächste Fortschritt gebar die Zentralheizung mit Öl, damit war auch die Geruchsbelästigung weg und ab da wurde das ganze Haus beheizt. Wohnungen ohne Zentralheizung kaum oder nur höchstbillig zu vermieten. Wer mit der Ölkanne durch's Haus ging, sah sich vor, nicht beobachtet zu werden. Und erst recht diejenigen mit der Holzschwinge.
Das Öl war billig und schien für menschliche Begriffe unerschöpflich zu sein. Auch das Brennholz fiel im Preis, weil die Nachfrage sank. Das hatte zwar das Brennholz als Alternative wieder viel Interessanter gemacht, aber der Dreck ... Wer sich einen Scheitholzkessel kaufte, erntete spöttische Blicke und Holzherde für die Küche, früher eine Selbstverständlichkeit, waren nicht mehr zu bekommen.
Aber es kam, wie es kommen musste, der immer größere Öldurst ließ den Ölpreis ansteigen. Und dann stellte sich auch noch heraus, dass Öl nicht unerschöpflich ist, sondern in einem übersichtlichen Zeitraum aufgebraucht werden kann. Angesichts dieser trüben Aussicht überlegten die Ölquellenbesitzer, was zu tun sei, dass sie nach dem Ölzeitalter nicht auf das extrem luxuriöse Leben verzichten müssen. Marktgesetze sind recht einfach. Wenn die Nachfrage größer ist, als der Preis, dann steigt der Preis. Also lieferten sie nur mehr so viel Öl, dass es gerade nicht für alle reichen würde. Also zahlte der einzelne lieber mehr, damit zumindest er es schön warm bekommt. Eine Portion Egoismus ist für dieses System recht praktisch. Aber trotz Egoismus merkten die Fortschrittlichen, dass sie ziemlich viel ihres Einkommens für die gemütliche Wärme ausgeben müssen und dieses Geld an anderer Stelle fehlt. Denn der Fortschritt hat viele andere Dinge hervorgebracht und die sind zumindest genau so wichtig, wie ein komplett beheiztes Haus.
Die fortschrittlichen Menschen wollen heute an jedem Ort und zu jeder Zeit und überall hin kommunizieren können. Eine Erfindung hat das möglich gemacht. Aber die Erfinder wollen auch ein warmes Haus und zwar ohne Geldnot, also überlegten sie nicht, welcher Betrag für die Kommunikation verlangt werden müsse, sondern welcher maximal verlangt werden könne und durch immer neue Funktionen machen sie den fortschrittlichen Menschen immer höhere Preise schmackhaft.
Irgendwann vor weniger als zehn Jahren überlegten die Menschen, was sie nach dem Öl verheizen sollen und ihr Blick fiel unter anderem auf den Wald. Sie suchten die alten Pläne aus den Archiven hervor, optimierten sie mit den aktuellen Erkenntnissen und konstruierten Scheitholzkessel, Hackschnitzelkessel und Pelletskessel, um Holz zu Wärme zu machen. Sie optimierten diese Systeme so perfekt, dass sie fast so bequem wurden, wie die Öl-Zentralheizung, denn bequem muss es sein. Weniger Zimmer heizen oder gar die Temperatur zu reduzieren, das ist zur Zeit noch unvorstellbar. Aber immer mehr Menschen scheint vorstellbar, einmal am Tag einen Ofen einzuheizen und sie finden es toll, wenn sie ihr Brennholz vom Baum bis zum Ofen selber machen können. Das ist heute ökologisch wertvoll und im CO2-Kreislauf. Und die, welche immer schon die Zentralheizung mit Scheitholz befeuerten? Das sind natürlich immer noch die Ewiggestrigen, die sich dem Fortschritt widersetzt hatten. Manchmal gerät der Fortschritt scheinbar auf Kreisbahn und dann sind die ewiggestrigen Fortschrittsverweigerer plötzlich dem Fortschritt ein Stück voraus. Oder kann es sein, dass die Holzheizer etwas erkannten, das die Fortschrittlichen erst viel später erkannten? Den Wäldern tut's gut, die werden jetzt wieder aufgeräumt und nachhaltig bewirtschaftet. Und Holz wärmt öfter, wer's nicht glaubt, soll welches machen.