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Hinterfotzing

Denken

Irgendwann wird sie umfallen, die Buche an meinem Nachdenkweg um den Ponzilaus. Sie ist schon ziemlich schlecht und der Schwammerl mittlerweile ihr bester Freund. Das ist für eine Buche kein rühmliches Ende, weil Schwammerl den Buchen eigentlich keine besten Freunde sind. Aber sie wird schon nicht genau in dem Moment umfallen, wenn ich an ihr vorbeidenke. Das wäre ja wie ein Sechser im Lotto, das ist nämlich auch so ein Irrtum, dass ein Sechser Glück bringt. Ein Sechser ist, wenn überhaupt, nur ein sehr kurzes Glück, denn Geld und Glück, das passt nicht zusammen. Freilich, wenn du kein Geld hast, dann ist das auch nicht schön. Am besten ist es, wenn du keine Geldsorgen hast, also nicht zu viel und nicht zu wenig. Schau und genau das denke ich mir auch bei der Buche, dass ich gerade so viel Glück brauche, dass sie mir nicht auf den Kopf fällt. Aber die meiste Zeit auf meiner Ponzilausrunde bin ich nur am Nachdenken. Immer dieses Nachdenken, da muss ich mich schon oft über mich selber ärgern. Wenn man nachdenkt, dann hat ja jemand anders oder man selber schon vorgedacht und beim Nachdenken ist das wie ein Eisenbahngleis, du kommst einfach nicht hinaus, du denkst nach und musst warten, bis wieder eine Weiche kommt oder die Buche umfällt, weil der Schwammerl gewonnen hat und der Wind leichte Beute und mein Nachdenken kann dann ein anderer übernehmen, weil meine Nachdenkrunde dann zu Ende, obwohl noch überall in den Bäumen und Astgabeln meine Gedankenfetzen hängen, tausendmal nachgedacht aber trotzdem nicht fertig gedacht, weil nur nach.

Es ist überhaupt unheimlich in Mode gekommen, den Denkprozess, wenn überhaupt, auf das Nachdenken zu beschränken und das Vordenken anderen zu überlassen. Aber wenn die auch nur nachgedacht haben, dann landest du in einer Nachdenkendlosschleife mit betonierten Denkschutzmauern. Und wehe denen, die sich am Denken versuchen und sich eine eigene Meinung erdenken und dann unweigerlich auf so eine Betonnachdenkmauer stoßen und sie einfach durchdenken. Was glaubst du, wie blöd die von den Nachdenkern angemacht werden, denn du kannst eine solide Betondenkbegrenzungsmauer nämlich mit Nachdenken nicht durchdenken und wenn du das tust, dann hast du eben nicht nachgedacht und dann bist du draußen, wo es keine Denkregulierungsmauern mehr gibt. Mein lieber Schwan, da kannst du ganz schön in die Einsamkeit hineindenken, weil die Dichte von Selbstdenkern ist wie der Sauerstoff auf dem Everest oder die Population des Yeti, aber den baut ja jetzt Skoda und damit bekommt der Messner doch noch Recht, dass es den Yeti gibt, jetzt kann er sich sogar die Farbe aussuchen. Also der Yeti ist kein gutes Beispiel für die Verbreitung des Denkens außerhalb des Nachdenkens, nicht mehr, aber vor Skoda schon.

Stell dir einmal vor, du bist ein lediges Kind von einem Priester und du darfst deinen Vater in der Öffentlichkeit nicht mal mit Papa anreden, weil sonst Papa recht schnell nicht mehr Priester und ziemlich bankrott, weil außer Sündenvergeben nichts Brauchbares gelernt. Bischof Pfingstl hat erst kürzlich nach ausgiebigem Nachdenken uralter Gedanken sein Nachdenkergebnis veröffentlicht, seiner Meinung nach sind Intimitäten mit Priestern nach wie vor nur außerehelich möglich und man tut weiterhin so, als gäbe es das nicht und dass der Zölibat irgendwie am Missbrauch von Ministranten und Chorknaben mitschuldig, ist eine Folge des Zeitgeists, wie Satan neuerdings gerne genannt wird. Überhaupt Frauen niemals Priester, auch das Pfingstls Nachdenkergebnis, weil Jesus Mann. Aber interessant, dass Maria es zu Altarehren brachte, halt meist nur Seitenaltar. Aber Maria ist ja nicht Frau im herkömmlichen Sinn, da Kind ohne Fleck empfangen, was alle anderen Frauen nicht so sauber hinbekommen. Möglicherweise sogar und hoffentlich mit vergnüglichem Fleck. Aber wenn befleckt, dann nicht mehr rein und priesterinnenuntauglich, auch wenn Fleck von geweihtem Mann. Und sowieso priesterinnenuntauglich, Fleck hin oder her.

Und wenn du gar keinen andersgeschlechtlichen Partner willst, sondern einen Gleichen oder eine Gleiche? Dann musst du auch so viel Glück haben, in eine Religion geboren zu sein, die dafür Verständnis hat, aber Glück ist halt nun mal Glückssache und da kann es dich auch katholisch erwischen und dann sagt dir Pfingstl, dass du auf seinen Segen nicht zählen kannst. Religion kann ganz schön grausam sein. Als hättest du mit deiner schwulen oder lesbischen Ader nicht schon Schwierigkeiten und Vorbehalte genug. Das Problem ist halt, dass es dazu in der Bibel keine Gebrauchsanleitung gibt, weil das Thema zumindest seit der Verfassung der Bibeltexte unter den Teppich gekehrt wurde. Stell dir mal vor, es käme heraus, dass Paulus schwul war, ja was meinst du, was da an Dementis explodieren würde? Dagegen wäre Sepp Blatter eine flackernde Kerze. Dabei liegt die Wahrscheinlichkeit erstaunlicherweise sehr hoch, dass Unverheiratete in der damaligen Zeit ein Problem mit der Attraktivität des anderen Geschlechts hatten. Vielleicht könnte man es auch endlich mal als Errungenschaft der Zivilisation betrachten, mit Homosexualität relativ unverkrampft umzugehen. Es gibt sie, also ist sie Teil der Schöpfung.

Leider zieht sich die katholische Kirche zurzeit extrem ins Schneckenhaus zurück und macht für alles und jeden den Zeitgeist verantwortlich, der – so glauben sie - mit höhnischem Satansgrinsen die Gläubigen aus den Kirchen treibt, dabei merken die Pfingstls gar nicht, dass sie mit ihrer nachkonziliaren Gegenreformation Satans erfolgreichste Handlanger sind. Was könnte der Kirche mehr schaden, als sie den Menschen zu entfremden? Es genügte, die entscheidenden Köpfe vom Denken zum Nachdenken zu reduzieren und ausreichend Angst zu säen. Die größten Feinde der katholischen Kirche sind viele ihrer sogenannten Würdenträger. Wer Angst vor der Zukunft hat, taugt nicht für die Zukunft, aber die Zukunft ist das Einzige, was wir haben.

Wer glaubt, dass Latein der richtige Weg ist, um die Kirchenbänke wieder zu füllen, legt ein Holzscheit auf den Scheiterhaufen des Johannes Hus, brüskiert die Väter des zweien vatikanischen Konzils und leistet aktiven Beitrag zur Vertreibung der letzten Getreuen. Irgendwie hat das eine traurige Parallele zu den letzten Tagen des Kommunismus, wo die Politkader verzweifelt versuchten, die zerschlissenen Fäden in der Hand zu halten. Reformen sind das Einzige, was unsere Menschheit am Leben erhält, was unsere Zivilisation so erfolgreich machte. Sich Reformen zu widersetzen ist zwangsläufig ein Todesurteil.

Jeder Mensch glaubt an Gott, weil er nicht will, dass mit dem Tod Schluss ist. Wer es schafft, sein Ende ohne ein Leben danach zu akzeptieren und dann auch noch im Frieden darauf zuzugehen, hat eine hohe philosophische Stufe erreicht, die dann von Gott mit dem ewigen Leben belohnt werden sollte. Gott zu vermitteln und eine gewisse Grundüberzeugung, dass es Gott gibt und er uns nach unserm Tod bei sich aufnimmt, das ist für mich so grob umrissen das Aufgabengebiet einer Kirche. Das ist es, was sie für mich tun soll. Mir Hoffnung und Zuversicht zu vermitteln und den Sonntag für mich zu einem besonderen Tag zu gestalten, der mich aufbaut und für die kommende Woche auftankt. So einfach sind meine Ansprüche und das wird wohl auf  viele Schicksalsgenossen zutreffen, die sich noch die Mühe machen, das verkorkste Verhalten ihrer Kirche zu kritisieren. Interessant, dass ich als immer noch getreuer, praktisch Unverbesserlicher die Unverbesserlichkeit anprangere.