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Hinterfotzing

Geldhunger

Rien ne va plus - Nichts geht mehr

Schon wieder liegt ein dickes Kuvert mit Kontoauszügen im Postkasten und natürlich wird mir dieser nette Dienst mit einem kleinen Obolus in Rechnung gestellt und erscheint auf dem nächsten Kontoauszug. Dabei müsste ich nur regelmäßig in die Bank spazieren und meine Auszüge abholen. Das würde ich ja auch gerne machen, wenn sich dieser Drucker mit seiner ureigenen Aufgabe zufrieden gäbe, aber das tut er nicht. Die Maschine hat als Zusatzausstattung ein Display, auf dem die Bank (oder wer auch immer) Informationen anzeigen kann. "Ihr Auszug wird gedruckt" würde mir voll und ganz genügen. Oder "entnehmen Sie Ihre Karte!" Aber die Displaybetreiber lassen es dabei nicht bewenden. "Haben Sie für Ihre Pflege vorgesorgt? Ihre Kinder werden es Ihnen danken!"
Natürlich, ich zahle Pflegeversicherung, muss ich sogar. "Die Pflegeversicherung deckt nicht alles ab!" mahnt mich das Display. Dabei will ich nur meine Kontoauszüge und habe absolut keinen Bock auf Informationen über die Pflegeversicherung. Doch die Maschine nutzt die Druckzeit gnadenlos, um mir ein schlechtes Gewissen einzureden. Da werde ich vom Kontoauszugsdrucker unterschwellig zum unsozialen Schwein abgestempelt. Dabei gab es vor wenigen Jahren die Pflegezusatzversicherung noch gar nicht und jetzt soll ich nicht mehr ohne sie auskommen können? Aber so läuft der Hase, letztlich geht es darum, dass wir unser Geld nicht irgendwo horten, sondern unserem lieben Vater Staat anvertrauen. Damit wir das nicht merken, sind Versicherungen zwischengeschaltet. Die nehmen unser Geld für Leistungen entgegen, die möglichst weit in der Zukunft liegen, damit können sie sehr lange über unser Geld verfügen und leihen es zwischenzeitlich unserem Staat, denn der ist per Gesetz ein absolut sicherer Gläubiger und die Versicherungen müssen unser sauer verdientes Geld bei absolut sicheren Gläubigern anlegen. Weil der Staat das überprüft, läuft es darauf hinaus, dass unser Geld fast ausnahmslos als Leihgabe bei ihm landet.
Das frische Geld gibt der Staat zum Großteil gleich wieder den Versicherungen zurück und tilgt damit Staatsanleihen, die diese Versicherungen vor vielen Jahren gekauft haben und damit zahlen sie nun Lebensversicherungen und ähnliches aus. Wenn die Kasse knapp wird, dann erhöht der Staat die Quote der sicheren Anlagen und damit seinen Anteil am Kuchen. Das ist für den Staat sehr praktisch. Und reicht auch das nicht mehr, dann lässt der Staat die Versicherungen neue Versicherungen erfinden. Es müssen halt Versicherungen sein, die sehr sehr spät zurückbezahlt werden müssen. Vielleicht eine Abiturausfallversicherung für den Ur-Urenkel oder eine Lebensversicherung, die erst mit Erreichen des 120. Lebensjahres ausbezahlt werden muss.

Da der Staat in den letzten Jahren sehr ausgabefreudig war und auch noch jede Menge Garantien geleistet hat, in der Hoffnung, dass er sie nicht einlösen muss und sich dabei gewaltig irrte, ist sein Geldhunger eifrig gewachsen. Was tun? sprach Staat. Wenn man sich Geld leiht, ist es ja nicht damit abgetan, dass man es am Fälligkeitsdatum zurückzahlt, man muss auch Zinsen zahlen, denn wer sein Geld verleiht, möchte, dass es arbeitet und Früchte trägt. Weil der staatliche Schuldenberg so groß wie der Mount Everest angewachsen war, der Staat aber immer noch und immer mehr Geld brauchte, entschied er, dass die Zinsen kleiner werden müssen. Die Versicherungen murrten sehr und noch mehr die Versicherten und erst die Sparer, aber da es bei der Anlage der Versicherungsprämien keine Alternative gab, mussten sie weiterhin den Staat füttern. Und die Banken konnten durch den vermehrten Versicherungsverkauf Provisionsgelder verdienen und damit die geringen Zinseinnahmen ausgleichen. Durch den intensiven Versicherungsverkauf bekam der Staat noch mehr Geld und da er es erst sehr viel später zurückzahlen musste, machte er sich darüber keine großen Gedanken. Die Reichweite vorausschauender Staatsgedanken liegt maximal bei einer Wahlperiode, das ist viel weniger, als die Laufzeiten von Staatsanleihen und Probleme, die in der Zukunft auftauchen, braucht man heute nicht lösen. Zukunftsprobleme löst man in der Zukunft, das ist oberstes Staatsprinzip. Nur so konnte der Staat der Nutzung der Kernenergie zustimmen, obwohl das Problem mit dem Atommüll bekannt war, aber auch dieses unlösbare Problem gedenkt der Staat in der Zukunft zu lösen.
Aber bei der Versicherungsmasche unterlief dem Staat ein Fehler. Weil die Bürger keine Zinsen mehr für ihre Geldanlagen bekamen, hatten sie auch weniger Einkünfte und weil die Inflation höher war, als die Guthabenzinsen, schmolz ihr Vermögen dahin, so dass mehr und mehr Versicherungsbeiträge nicht mehr eingezahlt werden konnten. Ohne Versicherungsbeiträge erhielt der Staat aber das dringend benötigte Geld nicht mehr und konnte dadurch auch seine Schulden bei den Versicherungen nicht mehr zahlen, worauf die Versicherungen ihren Kunden die Lebensversicherungen und andere Versicherungsleistungen nicht mehr ausbezahlen konnten. Da aber darauf ein Rechtsanspruch bestand, mussten die Versicherungen zahlen und sie verklagten den Staat auf Zahlung. Als der Staat zahlungsunfähig war, sagten die Politiker, dass sie dieses Problem leider nicht lösen könnten, es sei schließlich lange vor ihrer Zeit entstanden und deshalb könne man es ihnen nicht anlasten. Man sei stets bestrebt gewesen, vernünftig zu wirtschaften. Schuld seien die anderen Länder, die zu viele Schulden gemacht hätten, die man zahlen musste, damit der Euro stabil blieb und dann waren die vielen Krisenherde, für die man sehr viel Geld brauchte und natürlich sei es schlimm, dass das ganze Geld jetzt weg sei, aber man habe schließlich den Frieden bewahrt. Das sahen die Bürger ein, verabschiedeten sich von ihren Guthaben. Wer Schulden hatte, durfte sich freuen, denn mit der neue Währung ging alles wieder bei Null los.