Habt's an Grei?
Für alles gibt es eine Lösung. Der Biomüll kommt in die Biotonne, der Papiermüll in die Papiertonne und der Restmüll in die Resttonne. Nun wäre aber so eine Biotonne restlos überfordert, müsste sie das gesamte Nachwachstum eines Provinzanwesens schlucken. In der Provinz wohnt man üppig. Da sind schon mal tausend oder mehr Quadratmeter um das Haus herum, mit Sträuchern bestanden oder gar mit Bäumen, dazwischen ein schöner Rasen oder eine Blumenwiese. Wer auf dem Land ein Haus hat, der muss diese Dinge entweder lieben oder verzweifeln, denn in so ein Klein- oder Großgarten wächst so einiges heran und nichts davon ist den Nacktschnecken lieb, die sich in den letzten Jahren explosionsartig bei uns eingeschleimt haben. Sie fressen keine Hecke, kein Laub und keinen Rasen, nein, akurat über unsere Essensbeilagen machen sie sich mit großem Appetit her. Alles unbrauchbare Grüngut überlassen sie uns unangetastet. Freilich, so unbrauchbar wäre es gar nicht, denn es steckt jede Menge grüne Energie drin, aber es fehlt uns halt die Technik, das zu nutzen. Das heißt, eigentlich fehlt sie nicht, aber sie wird nicht hergestellt, also deklarieren wir die Gartenprodukte zu grünem Abfall und der kommt in die Grüngutannahmestelle. So ein Wort kann eigentlich nur in Deutschland erfunden werden. Es wäre sinnvoll, solche Wortschöpfungen den Österreichern anzuvertrauen, denn die gehen mit unserer Sprache kreativer um.
Da der künftige Kompost nicht von alleine zur Grüngutannahmestelle findet, ist er auf unsere Hilfe angewiesen und mag gerne gefahren werden. Der Fahrzeuginnenraum ist für ihn natürlich tabu. So weit käme es, dass diese Gartenausgeburt auch noch in unser Allerheiligstes kommt, noch dazu in seinem Zustand, dem die Bekanntschaft mit dem Rasenmäher deutlich anzusehen ist. Nein, um das zu vermeiden greift der Deutsche lieber tief in die Tasche und kauft sich einen Anhänger, da wird er mit Gabel und Schaufel aufgeladen und dann geht's ab zur Entsorgung. Aber dort muss der Beladevorgang wieder umgekehrt werden. Weil es in der Grüngutannahmestelle eine Freimenge gibt, ist es das oberste Ziel der Provinzgärtler, dieses Volumen nicht zu überschreiten, deshalb wird verdichtet was das Zeug hält. Das macht den Abladevorgang nicht unbedingt leichter. Zwar gäbe es Anhänger mit hydraulischer Kippvorrichtung und die sieht man auch an der Entsorgungsstelle, aber das schmerzt doch sehr im Geldbeutel. Also kratzt und schaufelt man eben, bis der Anhänger leer ist.
Auch wir haben einen Anhänger, natürlich, denn wir haben auch einen Garten, einen ziemlichen sogar und die Freimenge haben wir auch stets im Visier. Doch irgendwann wird man die Strapazen des Abladens leid. Ist man in der Landwirtschaft aufgewachsen und an Jahren erfahren, dann weiß man noch, wie früher der Mist ausgefahren wurde: auf dem Mistwagen. Zum Abladen verwendete man einen Grei. Das müsste doch auch mit dem Grüngut ganz passabel funktionieren. Also suchten wir den betagten Grei in der Strahes und machten uns auf zur Grüngutanlage. Doch leider hatte der Holzwurm den Grei schon vor uns entdeckt und ihm eine Sollbruchstelle beigebracht. Nun, das kann passieren, nichts hält ewig, also fahren wir zur nahen Baywa. "Hab's es an Grei?" Konsterniert fragte der Jüngling nach, waaas braucht's?" "An Grei!" Hilfesuchend wandte er sich an einen spätsemestrigen Mitarbeiter, der ihm erklärte: "An Grei brauch an s!" Diese Feststellung entledigte den Jüngling des Durchblicks, also nahm der Ältere sich unseres Anliegens an, bedauerte, dass er keinen Grei auf Lager habe und wir sollten ins örtliche Gemischtwarengeschäft fahren, da bekämen wir sicher einen Grei, was wir taten. Als wir dort einen Grei verlangten, fragte der Inhaber, ober wir drei oder vier Zuang brauchen. Das stimmte uns recht zuversichtlich, also entschieden wir für vier. Der Greifachmann erkundigte sich über den Einsatzzweck und entschied, dass ein Gabelstiel wohl geeigneter sei, als ein Greistiel und befestigte den Grei an einem schön geschwungenen und langem Gabelstiel. Als stolze Besitzer eines nigelnagelneuen Greis fuhren wir zur Grüngutannahmestelle zurück und ernteten mit unserem Grei neidvolle Blicke der Greilosen.
Manchmal verschaffen Erfahrungen aus der vormaschinellen Zeit auch in unseren hochmodernen Tagen Vorteile, aber nur, wenn es Geschäfte gibt, die noch einen Grei haben.