Hinterfotzing abonnieren

Wenn du über neue Artikel in Hinterfotzing per E-Mail informiert werden willst, dann brauchst du dich lediglich als Abonnent eintragen.

Du brauchst nur deine E-Mail-Adresse eingeben und auf "abonnieren" klicken.

Nach klick auf "abonnieren" bekommst du eine E-Mail mit einem Bestätigungslink. Erst nach Klick auf diesen Link bist du Abonnent.

Jede Abo-Email enthält einen Link zum Abmelden des Abos.

Hinterfotzing

Heimat

Oder was man dafür hält

"Was bezeichnest du als deine Heimat?"

Wer am Ort seiner Kindheit wohnt, wird diese Frage wie aus der Pistole geschossen mit oder ohne Nachdenken beantworten: "I bin da Franz und da bin i dahoam!" Wer schon mal in die Welt hinausgeschnuppert hat, weiß - wenn er eine gute Heimat hat - um den Wert seiner Heimat und achtet sie umso mehr. Doch viele nehmen die Einbahnstraße aus der Heimat. Fragt man sie nach ihrer Heimat, so verweisen sie resigniert auf den Ort ihrer Kindheit oder definieren Heimat als ein Konglomerat menschlicher Idealeigenschaften, in denen sie sich gerne wiederfinden möchte. Aber diese Heimat gibt es nicht, denn Heimat ist nett, freundlich und ebenso gemein. Heimat ist dort, wo Erfolg Neid und Missgunst erzeugt und Pech Schadenfreude. "D' Leid hamd se recht g'freit, wei's bei uns so weit feit ..." beginnt ein allzu wahres G'stanzl. Wir leben in einer Gesellschaft, in der zündende Ideen mehr belohnt werden, als harte Arbeit. Das ist notwendig, denn so entsteht Innovation und die hält unseren Wirtschaftsmotor am Laufen. Dieses Modell ist keine Erfindung unserer modernen Zeit, Innovation war und ist das Überlebensprogramm der Menschheit. Die Versteppung Afrikas zwang uns eins, die Bäume zu verlassen. Eine gefährliche Entscheidung, aber die einzig mögliche. Heute sind Innovationen keine Entscheidung über Leben und Tod, sondern lediglich um Profit, aber der ermöglicht ein angenehmes Leben. So ist auch heute der Profit die Haupttriebfeder, die Heimat der Kindheit zu verlassen. Wer sich Qualifikationen aneignet, die in der Heimat nicht gefragt sind, muss hinaus, will er das Gelernte zu Geld machen. Das hat auch die größte Völkerwanderung der Menschheit ausgelöst, die wir derzeit erleben. Unser Leben ist immer mehr auf Profit ausgerichtet, weil wir ständig mehr vormals nutzlose Dinge brauchen.

Während die Heimat der Kindheit unveränderbar ist, eine Welt, in der man nur mitlebt und später eventuell ein wenig mitgestaltet, ist die Wahlheimat formbar, man kennt sie ja nicht, sie hat zwar eine Geschichte, aber die ist abstrakt, weil nicht miterlebt, wogegen die Geschichte der Kindheitsheimat eine sehr lange Geschichte hat, denn man konnte ja schon über die Geschichten der Großeltern die heimatliche Vergangenheit in sich aufsaugen und langsam spüren, wie man hineinwuchs und Teil von ihr wurde.
Heimat in der Fremde ist unbelastet von positiven und negativen Kindheitserfahrungen. Niemand kannte einem in Windeln, weiß nichts von den Exzessen, die das Erwachsenwerden begleiten. Man ist unbeschriebenes Blatt, im Guten wie im Schlechten, wobei das Schlechte bei anderen meist mehr im Gedächtnis bleibt, während das eigene Erinnern die positiven Erlebnisse bevorzugt. Heimat in der Fremde ist unbeschwert gestaltbar, aber sie kann niemals DIE Heimat werden. Heimat braucht Kontinuität, sie wächst aus der Zeit, entwickelt sich. Der Heimat fühlt man sich zugehörig, mehr oder weniger verpflichtet. Wenn der Wirt ungefragt ein Pils serviert und bei der Suppe den Schnittlauch weglässt, dann ist das Heimat. Die Heimat kennt mich, sie weiß, wie ich bin, vor ihr brauche ich mich nicht verstellen. In der Heimat darf ich Mensch pur sein, mit allen Facetten. Heimat ist die Dockingstation zum Aufladen. Sie ist kein Idealort, sondern normal. Sie hat gute und schlechte Menschen, sie hat Freunde und Feinde, Gönner und Neider. Echte Heimat muss man nicht zum Optimum hochstilisieren, denn das ist sie nicht. Echte Heimat hat seine Ecken und Kanten, an denen man sich stößt und reibt, die man beharrlich auch schleifen kann.

Heimat mit ständiger Sympathie und Harmonie, Heimat ohne Missgunst und Neid, Heimat ohne die Abgründe der Menschheit, die kann es nur menschenleer geben, aber das wäre alles andere als Heimat. Die Menschlichkeit im Guten, wie im Abgründigen, sie ist ein wesentlicher Bestandteil von Heimat, so wie die Berge und die Wälder, so wie die klare und kalt Luft und der Regenschauer,  wie der luftzerreißende Donner und die warme Sommersonne. Heimat ist dann, wenn das Wetter egal ist, weil wir gerade seine Vielfalt lieben. Heimat hat Fehler, darum passen wir so gut zu ihr. Heimat ist dort, wo das Herz sich wohlfühlt.