Irgendwie angekommen
Manchmal wäre es schon einfacher, wenn es uns nicht so gut ginge
Ist das Schicksal auf der Welt gerecht verteilt? Gibt es überhaupt irgendeine Gerechtigkeit bei der Verteilung von Freud und Leid? Von Glück und Unglück? Von reich und arm? Wenn man sich die Welt so anschaut, dann dürfen daran berechtigte Zweifel aufkommen.
Einen großen Unterschied bei der Verteilung macht die Heimat aus. Bist du in Europa zur Welt gekommen, hast du es schon relativ gut erwischt. Heißt dein Geburtsland gar Deutschland, dann hast du praktisch einen Sechser im Lotto gezogen. Du bis vielleicht in den Kindergarten gegangen, zumindest hattest du die Chance dazu. Du hast eine Schulbildung erhalten, die das Mögliche aus dir herauszuholen versucht hat. Du hast deinen Beruf frei wählen können, selbst entscheiden, wen du heiratest. Wenn du männlichen Geschlecht bist, war es dir freigestellt, zur Bundeswehr zu gehen oder Zivildienst zu leisten. Du kannst frei entscheiden, wen du wählst, die ganze Welt bereisen und jeden Tag essen und trinken, so viel du willst.
Wenn du mal in Ruhe über deine Situation nachdenkst, dann kannst du dieser Aufzählung noch eine ganze Liste hinzufügen. "Ja, aber die Krankheit" wirst du vielleicht sagen." Ach so, hätten wir diese Bürde den Menschen in den benachteiligten Regionen auch noch aufbürden sollen? Ja, mit Krankheit und Tod müssen wir irgendwie fertig werden. Gut, mit dem Tod nicht, der wird mit uns fertig. Aber wir tun gut daran, unser Leben so zu leben, dass wir damit fertig sind, wenn Gevatter Tod zum einzigen und letzten Besuch kommt. Das liegt in unseren Händen, es kommt nur darauf an, wie wir die Prämissen setzen. Wer die wirklich wichtigen Dinge zurückstellt, weil er im Laufrad der Wirtschaft keine Zeit dafür findet, der muss wohl damit klar kommen, dass da ein Haufen unerledigtes zurück bleibt. Aber es ist jedes Menschen freie Entscheidung.
Man sollte lernen müssen, mit Freiheit umzugehen und ihren Wert schätzen lernen. Und man sollte aus dieser Freiheit Verantwortung ableiten, wie man das bei Eigentum tut. "Eigentum verpflichtet!" Es wäre dringend notwendig, dass auch die Freiheit verpflichtet. Unsere Zeit ist wieder eine Zeit der Völkerwanderung geworden. Das gab es schon einmal. In den Jahren 375 bis 568 wurden die Völker Europas ziemlich durcheinandergewirbelt. Gerade der Stamm der Bajuwaren ist ein recht buntes Gemisch dieser Zeit. Der Bayer ist blond, braun, schwarz, blauäugig, braun- oder grünäugig, er ist klein oder groß, weil er ein Ergebnis der Völkervermischung ist. Nun sind sie wieder unterwegs. Aber die Wanderungen haben moderne Dimensionen angenommen. Sowohl in der Anzahl an Menschen, als auch in ihrer Geschwindigkeit übertrifft die aktuelle Völkerwanderung alles bisher dagewesene.
Es ist die Ungleichheit auf der Welt, die diese Ströme in Bewegung gesetzt hat. Welche Chancen bietet der Sudan einem jungen Menschen, um seine Lebensträume zu verwirklichen? Was erwartet eine Frau in Afghanistan? Wer von uns würde nicht alle Hebel in Bewegung setzten, um diesem trost- und endlosen Elend zu entfliehen.
Man mag seine Hände in Unschuld waschen, weil man mit Sicherheit keine direkte Schuld an den chaotischen Verhältnissen außerhalb unserer behüteten Welt hat. Aber unsere Gesellschaft und vor allem unser Wirtschaftssystem hat sehr viel zu diesem Leid beigetragen. Wir nahmen uns was wir brauchten und ließen Chaos zurück.
Wer möchte schon im Chaos leben? Also machen sie sich auf den Weg, jene, die dazu in der Lage sind. Sie wissen, dass es bei uns gut ist, also wollen sie vor allem zu uns, damit es ihnen auch einmal gut geht. Sie nehmen unvorstellbare Strapazen und Risiken auf sich, um zu uns zu kommen. Wir nehmen davon Kenntnis, wenn wieder mal ein Seelenverkäufer im Mittelmeer absäuft. Aber wir sind abgehärtet. Die täglichen Nachrichten strotzen vor Brutalität, deshalb treffen uns solche Tragödien nicht sonderlich. "Was 600 Ertrunkene Flüchtlinge?" "Nein es sollen nur 450 sein!" "Ach so, eh nur 450 Tote." 450 Menschen, die auf ein besseres Leben bei uns hofften.
Was machen diese Nachrichten nur aus uns ... ? Abgestumpfte Egoisten, die unseren Wohlstand als gottgegeben betrachten. Von wegen Eigentum verpflichtet! Wehe wenn mir einer blöd daher kommt! Das alles gehört rechtmäßig uns und wir teilen nach Gutdünken, wenn überhaupt.
So sind wir, wir Menschen. Und wäre die Situation anders, dass die in Afrika das große Los gezogen hätten und wir versuchten dorthin zu gelangen, sie wären genauso wie wir. Auch sie würden ihr Pfründe verteidigen und uns misstrauisch begegnen. Aber genau deshalb sollten wir das nicht tun, denn es kann nur allzu schnell ein umgekehrter Fall eintreten. Ein größerer Reaktorunfall in Europa würde weite Teile unbewohnbar machen und wo gingen wir dann hin?
Letztlich hat alles Tun seine Folgen und seine Wirkung. Wenn man die demographische Entwicklung bei uns anschaut, dann konnte uns eigentlich nichts besseres passieren, als dass viele junge Menschen zu uns kommen. Und sind wir doch mal ehrlich. Auch wenn manche schwarz sind, sie sind nicht so schwarz, wie diejenigen, die sich über deren Auftauchen aufregen. Diese Schwarzen ... es wäre ein Segen, wenn sie endlich aufwachen.