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Hinterfotzing
Lebensversicherung
Meine Tante Frieda zahlt mit 93 Jahren immer noch in eine Lebensversicherung ein. Recht hat sie, denn sie ist noch relativ rüstig, fährt sogar noch Auto. Na ja, das sollte sie vielleicht nicht mehr, aber alle Versuche, sie für einem Führerscheinabschied zu überzeugen, hatten bislang die falschen Argumente. Wobei Tante Frieda in dieser Hinsicht natürlich die Lebenserfahrung zu gute kommt. Wie sollte jemand, der gerade mal auf gut fünfzig Lenze zurückblicken kann die Argumente einer über Neunzigjährigen schlagen können? Da wäre ja die erfahrene Zeit für die Katz. Deshalb wird Tante Frieda vermutlich auch bei ihrer eigenen Überführung noch selber fahren. Ja, es ist unausweichlich: Tante Frieda wird eines Tage sterben, denn Leben kann man nicht versichern, höchstens den Tod. Doch selbst aus dem Tod schlagen nur die Nachkommen, die Erben einen Gewinn, aber das sagen sie nicht, die Versicherer, sie versichern weiterhin, das man Leben versichern kann. Kürzlich war in einem Lokalblatt zu lesen, dass die Lebensversicherung unverzichtbar sei. So etwas kann man vermutlich auch nur mehr in einem Lokalblatt veröffentlichen, ohne die Glaubwürdigkeit gänzlich auf's Spiel zu setzen. Aber es wird sich sicher lohnen, denn diese Information stand im Rahmen einer Anzeige und Anzeigen kosten Geld.
Das Leben versichern zu wollen, muss definitiv scheitern. Es ist eines Tages zu Ende und dann sollte man es möglichst gut gelebt haben. Denn genau dafür bekommen wir das Leben geschenkt. Wir müssen zum Ende keine große Bilanz vorlegen, sondern lediglich das Leben leben; so gut es geht.
Oftmals übersehen wir das, wir leben so dahin, lassen uns treiben, leben praktisch das Leben anderer. Meistens leben wir das Leben anderer, das des Chefs, der einen großen Teil unseres Lebens gekauft hat. Das der Vereine, in denen wir uns engagieren, das der Gesellschaft, deren Normen wir erfüllen wollen, dabei geht es doch um unser eigenes Leben. Ein Leben, das erschöpflich ist. Wären wir uns immer um die Einzigartigkeit des Augenblicks bewusst, dann wollten wir ihn vermutlich oft anders erleben. Aber dafür lässt der Alltag scheinbar keine Zeit. Die Tretmühle diktiert unser Leben.
Unser Leben ist ein Wunder, eine Einmaligkeit, viel zu schade zum Vergeuden für Nichtigkeiten. Aber leider müssen wir Bedingungen erfüllen, müssen viel Leben dafür opfern, dass der Rest Freiheit möglich ist.
Diese Freiheit, die ist sehr wertvoll, sie ist die kostbarste Lebenszeit. Über sie können wir verfügen und sie im Bewusstsein dieses großartigen Lebensgeschenks als etwas sehr wertvolles behüten und mit Bedacht verschenken. In dieser Welt leben zu dürfen und noch dazu in Lebensumständen, welche die meisten Erdenbewohner als paradiesisch bezeichnen würden, das ist eine Perspektive, die uns im Überfluss verloren ging. Auch den Blick für den Überfluss haben wir uns mit allen möglichen Dingen verstellt. Aber wenn wir uns bemühen, dann müssten wir eigentlich das wahnsinnige Glück erkennen, welches uns rein durch Zufall in so üppige Verhältnisse geboren hat. Wenn wir das jeden Tag auf's neue begreifen, dann schmelzen die Alltagsprobleme zur Unsichtbarkeit und wir werden viel dankbarer und zufriedener sein. Das wäre mal ein Anstoß für die Versicherer: Uns die Glücklichkeit zu versichern.