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Hinterfotzing

Oktoberfest

Die Generation der Liedersinger

"Geh, Frein! Bringan s' ma a Mass!" Ein Satz, der in der bayerischen Landeshauptstadt nicht unbedingt  verstanden wird. Eher "Bitte bringen Sie noch eine Mass Bier!" Als ich jüngst im Münchner Stadtteil Thalkirchen in einer Bäckerei zwei Semmeln und zwei Brezen bestellte und mich artig mit "Griaß Gott" ankündigte, stellte die Verkäuferin perplex fest: Mei, ein Bayer! Darauf ich ein wenig spitz: "Entschuldigung, i hob gmoant, i war en Bayern!" Genau in Sätzen, wie diesem zeigt sich die Besonderheit unseres Dialekts, unserer Sprache. "I war en Bayern." Wir sagen nicht, dass wir in Bayern sind "I hob gmoant, i bin en Bayern", sonder, dass wir meinten, in Bayern zu sein. Das sind die Feinheiten, die uns Bayern kennzeichnen. Aber in München ....  da muss man schon einen Unterschied machen: Bayern ist nicht gleich Bayern und der Münchner ... mei, der glaubt halt, dass nur mehr der Niederbayer den derben Dialekt sprechen soll, in der Stadt weiß man schließlich, wie man weltmännisch aufzutreten hat. Bussi links, Bussi rechts, mei wia mögen uns ja so gern. Ein Untugend, die zunehmend auch unser bislang bussibussifreies Niederbayern verseucht. Wir bussln schon, aber doch ned a jede. So ein Bussl soll schon etwas besonders sein, eine Liebesbeweis. Aber Bussi, Bussi, des sagt doch kein gestandener Bayer. Man stelle sich vor: Lederhosn, Wadlstrümpf, Leinenhemd, Gilet und dann "Bussi, Bussi", ja spinn i? Wenn das "Bussi Bussi" ein wenig ehrlicher wäre, dann gäbe es in München viel mehr Kinder.

Aber München hat noch ganz andere Probleme. Wenn man in die U-Bahn einsteigt, dann heißt es "bitte zurückbleiben". Wie oft muss ein Schüler, der die U-Bahn für den Schulweg benützt "bitte zurückbleiben" hören, bis er tatsächlich zurück bleibt. Wäre da ein kurz und bündiges "Obacht" nicht viel besser als dieses depperte "bitte zurückbleiben"? Grad zum Herbstanfang, wenn die internationalen Lederhosenhorden in die bayerische Metropole strömen, um sich auf dem Oktoberfest die Seele aus dem Leib zu saufen. Bayern ist Oktoberfest und Oktoberfest ist zünftig. Ja, "zünftig", das können sie gleich, obwohl den meisten die Bedeutung dieses Wortes kaum bekannt ist. Zünftig kommt von Zunft, wenn etwas zünftig ist, dann gehört es zu einer Handwerkszunft. Scheinbar gibt es in München das Handwerk der Komasäufer und dann ist natürlich Biersaufen zünftig. Der Grad der Zünftigkeit hat ein Skala, die von "am Biertisch sitzen" bis "auf dem Biertisch grölen" steigt. Wenn man dann am zünftigsten ist, also der Komazustand fast oder ganz erreicht ist, liegen die Zunftmitglieder außerhalb der Zelte auf den wenigen grünen Flächen und in einem Zustand, den der Uneingeweihte als erbärmlich bezeichnen würde.

Zünftigkeit ist also eine Frage des Bierpegels und des Erklimmens der Biertische. Auch die Kultur des "Vorglühens" hat die aktuelle Generation erfunden. Während frühere Generationen vor einem Festbesuch mit einer möglichst fetten Unterlagen für maximale Alkoholresistenz sorgten, damit man vier bis fünf Mass schaffte, glüht die aktuelle Festbesuchergeneration mit diversen alkoholischen Getränken in privaten Gemächern vor, damit das Koma leichter erreicht werden kann. So prägt jede Generation ihre Rituale. Wer weiß, was die Zukunft bringt, vielleicht eine Generation der Liedersinger, die dann keine Band mehr brauchen, weil sie im Chor die Festzelte beschallen. Das wäre mal eine nette Entwicklung. Oder es kommt eine Generation der Wellnessfestler, die in aufgestellten Bierwannen suhlen, frei nach dem alten Lied "I mecht gern an Biersee..."

Manchmal ist es schon gut, dass man nicht weiß, was kommt.