Hinterfotzing abonnieren

Wenn du über neue Artikel in Hinterfotzing per E-Mail informiert werden willst, dann brauchst du dich lediglich als Abonnent eintragen.

Du brauchst nur deine E-Mail-Adresse eingeben und auf "abonnieren" klicken.

Nach klick auf "abonnieren" bekommst du eine E-Mail mit einem Bestätigungslink. Erst nach Klick auf diesen Link bist du Abonnent.

Jede Abo-Email enthält einen Link zum Abmelden des Abos.

Hinterfotzing

Strukturwandel

Peppi und Gustl

Du Gustl, ich möchte gerne einen Audi A8, weil wenn jetzt die neue Straße um Hirndübl herum gebaut wird, dann möchte ich auch einmal gscheit Gas geben, damit ich schnell auf die Autobahn komm. Schad ist halt, dass ich dann auf der Autobahn im Stau stehe. Aber Peppi, so einen Audi kannst du doch gar nicht bezahlen. Freilich kann ich den bezahlen, wenn die Oma endlich stirbt, weil dann erbe ich nämlich ein Geld. Geh Peppi, du wirst doch das Erbe von der Oma nicht einfach so für ein Auto ausgeben, dass du dir mit deinem Lohn eigentlich gar nicht leisten kannst. Dann fang ich halt beim Audi in Ingolstadt mit der Arbeit an oder in Dingolfing beim BMW. Wenn du das machst, dann brauchst du ja gar keine schnelles Auto mehr, weil du dann ja schon dort bist, wo du schnell hin willst. Du Gustl, wenn ich da bleib, dann kann ich mir aber ohne Oma niemals nicht so ein so teures Auto wie einen A8 leisten, weil das verdiene ich ja gar nicht. Warum verdient man bei uns eigentlich so wenig? Ich arbeite doch bestimmt genau so viel, wie ich in Dingolfing oder Ingolstadt arbeiten müsste. Mei Peppi, das kommt daher, dass in der Anfangszeit der Industrialisierung bei uns viele Kleinlandwirte da waren, die sich schon über einen kleinen Zuverdienst freuten, wenn sie zum Heuen und Kälbern schnell mal heim konnten. Deshalb siedelten sich viele Betriebe an, die eine relativ geringe Wertschöpfung hatten was mit geringen Löhnen gut funktionierte. Aber Gustl, Nebenerwerbslandwirte gibt es doch gar nicht mehr. Ja, da hast du Recht, die gibt es nicht mehr, deshalb funktioniert das Modell auch immer schlechter und wer ordentlich verdienen will, der geht weg. Ja, aber woher nehmen dann die Betriebe ihre Arbeitskräfte? Tja Peppi, das wird zunehmend ein Problem, denn mittelfristig wird es nur mehr sehr wenig Arbeiter geben, die den geringen Lohn akzeptieren. Geringer Lohn heißt halt auch geringerer Lebenststandard. Du wirst sicher hier bleiben müssen, weil dein Hirn halt für weiter weg nicht reicht, aber wer weg kann, wird früher oder später weg gehen und dann wird es eng mit billigen Arbeitskräften. Dass fast alle Akademiker weg ziehen ist schon lange eine sehr bittere Pille. 

Aber das ist doch schlimm für unsere Gemeinde, wenn keiner mehr da bleibt? Ja, Peppi, das ist wirklich schlimm, denn es geht damit sehr viel verloren. Das beginnt mit dem Kindergarten, setzt sich in der Schule fort und schließlich auch bei vielen Dienstleistern, wie Ärzten, Krankenhaus, Werkstätten und so weiter. Es ist eine Abwärtsspirale, die sich immer schneller dreht. Gustl, da muss man ja etwas machen können. Mei Peppi, das könnte man schon, es müsste ein Strukturwandel eingeläutet werden. Die Betriebe müssten sich umstellen und hochwertigere Produkte herstellen. Es müssten Betriebe angelockt werden, die wenig von Logistik abhängen. Insgesamt müsste das Qualitätsniveau der Arbeitsplätze auf eine höher Stufe gehoben werden, verbunden mit einem höheren Lohnniveau. Dann bleiben die Jungen und Ausgebildeten da. Aber so wie es jetzt ist kann man die Situation mit einem Loch im Reifen vergleichen. Gustl, das ist mir jetzt in bisserl zu hoch. Warum bekomme ich wenn ich in Dingolfing arbeite mehr Geld, als wenn ich in unserer Gemeinde arbeite. Mein lieber Peppi, das ist ein ziemlich komplexes Thema. Aber ich will es mit einer einfachen Erklärung versuchen. Wenn du in Dingolfing eine Stunde arbeitest, dann hast du das, woran du arbeitest wertvoller gemacht, als das in unseren Betrieben ginge. Man nennt das Wertschöpfung. Wenn du eine Stunde Kartoffeln schälst, dann ist der Mehrwert, denn die Kartoffeln dadurch erfahren weit weniger, als wenn du in Dingolfing aus Einzelteilen einen Motor zusammen schraubst. Deshalb verdienst du in Dingolfing auch mehr. Aber Gustl, dann baue ich halt bei uns einen Motor zusammen und dann verdiene ich auch hier mehr Geld. Genau Peppi, das ist das Problem, wir brauchen bei uns daheim Arbeitsplätze mit höherer Wertschöpfung, dann verdienen die Arbeiter auch besser und können sich den gewünschten Lebensstandard leisten. Damit das passiert, wäre ein Strukturwandel nötig. Und es gibt zum Strukturwandel eigentlich nur eine Altenative: Den Untergang. 

Aber Gustl, da wird doch schon recht aktiv daran gearbeitet. Ich lese so oft in der Zeitung, dass eine neue Straße zur Autobahn gebaut werden soll. Auf dieser Straße kommt doch der Strukturwandel schneller zu uns. Das wäre schön Peppi, aber leider werden noch so viele neue Straßen gar nichts ändern. Wir brauchen keine Straßen, wir brauchen ein höheres Produktionsniveau und hochwertige Dienstleistung, also einen radikalen Strukturwandel. Wenn das gelingt, dann haben wir vielleicht eine Chance, verlorenes Terrain wieder aufzuholen. Bislang schaut es aber nicht so aus, als ob das die politischen Entscheider erkannt hätten, denn die setzen auf alte Gäule. Das ist eigentlich sehr schade, denn der frühe Vogel fängt den Wurm. Ja ja, das war immer schon so. Mei Gustl, wenn du das so erklärst, dann hört sich das immer so einfach an, aber so einfach ist das nicht, denn wenn es so einfach wäre, dann hätte das doch der Bürgermeister auch längst kapiert, aber der redet immer noch von neuen Straßen, also hat er es nicht kapiert. Aber Gustl, das ist doch sehr schade. Ja Peppi, das ist wirklich sehr schade, aber so sind die Menschen nun mal. Die wenigsten sind bereit, selber zu denken.