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Unkontrollierte Selbsterkenntnis

Was wäre das wohl für eine Welt, wenn immer nur die Recht kriegten, die Recht haben? Wenn immer die richtigen Vorschläge angenommen und umgesetzt würden? Ja dann kämen wir freilich viel weiter und wir wären schon viel weiter gekommen. Warum das aber nicht so ist, das hängt sehr stark mit unserem Parteiensystem zusammen. Denn einer Partei geht es nicht darum, das Richtige zu tun, sondern um das Richtige für die Partei. Kommt ein sehr guter Vorschlag von der falschen Partei, dann hat der Vorschlag damit einen entsetzlichen Fehler gemacht, weil er nämlich nicht die Spur einer Chance hat. Wie sollte ihn die richtige Partei annehmen können? Da müsste sie ja praktisch zugeben, dass die anderen gut sind. Und können Sie sich ehrlich vorstellen, dass so etwas in der Politik passiert? Nein, niemals! Nur Fehlentscheidungen haben die Chance, als solche propagiert zu werden, wenn sie von der falschen Partei getroffen wurden. Die Fehlentscheidungen der richtigen Partei wiederum, haben auch keine Chance. Denn wenn eine Fehlentscheidung der richtigen Partei von der falschen Partei an die Öffentlichkeit gebracht wird, dann dementiert die richtige Partei das so lange, bis es die Wähler glauben oder vergessen haben. Leider haben viele Entscheidungen in der Politik sehr lange Auswirkungen und müssen meistens ohne komplette Informationen getroffen werden. Manchmal gäbe es zwar Informationen, aber wenn man bei der richtigen Partei ist, dann verlässt man sich gerne darauf, dass die Parteioberen diese Informationen bestimmt schon ausgewertet haben und man es daher selber nicht tun muss, weil bestimmt eine Direktive kommt. Es gehört zu den undankbarsten, ja hoffnungslosen Aufgaben in der Politik, solche Direktivenempfänger mit Argumenten umzustimmen. Da können die Argumente noch so schlagend sein, gegen Direktiven kommen sie nicht an. Wenn es dann nach Jahren heißt: Das haben wir euch doch damals schon gesagt, dass es so und so kommt, dann heißt es lapidar: "Das habe man nicht wissen können!" Hätte man schon, wenn man gedurft oder sich zumindest getraut hätte.

Dieses Parteidenken, in Verbindung mit Obrigkeitshörigkeit ist einer der größten Hemmschuhe für die Entwicklung Hinterfotzings, und in dieser Beziehung gibt es viel zu viele Hinterfotzings. Dass es so kam, hat sehr wesentlich mit Religion zu tun, denn wenn jahrzehntelang die Eintrittskarte ins Paradies nur mit der Wahl der richtigen Partei von der Kanzel propagiert wird, dann zeigt das Wirkung. Wer will sich das Paradies wegen einer Wahl verbauen? Nein, da wählt man lieber richtig. Dass sich die Religionsoberen der richtigen Partei zugehörig fühlten und nicht der Partei der Ärmeren, ist wohl auch ein Thema, das demnächst und dringend der Aufarbeitung bedarf. Aber die richtige Partei war immer schon eine Partei der Kapitalisten und das Kapital war und ist leider den Religionsoberen immer noch heilig. Insofern hätte das Kapital längst heilig gesprochen werden müssen, aber das haben sie sich doch nicht getraut. Sie befahlen nur, dass die richtige Partei zu wählen sei, was die braven Gläubigen ohne Überlegung taten, denn hätten sie überlegt ... wer weiß, ob sie nicht zu einem ganz anderen Schluss und einer ganz anderen Wahl gelangt wären. Aus ganz anderen Gründen wählte Otto Krachlinger einmal die FDU und zeigte sich erstaunt, dass er sich verwählt hatte, und damit hat Krachlinger etwas getan, dass die Wähler der richtigen Partei gar nicht können. Er hat zugegeben, dass er sich irrte, dass also die gewählte Partei nicht seine Ziele verfolgt. Ja, das ist Größe, wenn man seinen Irrtum zugeben kann, denn dann kann man korrigieren und sich zum Besseren wenden. Während die richtige Partei ignorant darauf beharrt, dass man das nicht habe wissen können. Oftmals im Leben muss man Entscheidungen mit zu wenig Informationen treffen. Manche stellen sich als Fehlentscheidungen heraus. Die Kunst besteht darin, das zu erkennen, aber das nützt nichts, wenn man nicht bereit ist, einen Irrtum zuzugeben.

Wenn schon die Mitglieder der richtigen Partei nicht zur Einsicht in der Lage sind, dann sollte eigentlich der Wähler und die Wählerin dem Unvermögen korrigierend nachhelfen und die richtige Partei mal zur falschen Partei durch Nichtwahl deklarieren. Dass dies angesichts der zunehmenden Religionslosigkeit noch nicht geschehen ist, ist auch so ein Dilemma. Denn die Nichtmehrreligiösen fühlen sich den Anweisungen der Religionsführer in Sachen richtiger Wahl scheinbar immer noch mehr verpflichtet, als der Vernunft. Der Mensch ist offensichtlich nicht einmal dann in der Lage Recht zu bekommen, wenn er Recht hätte und dies selbst erkennen kann. Die unkontrollierte Selbsterkenntnis lässt wohl noch auf sich warten.